Bernhard Bergen
Bergen, Bernhard Kornelius geb. 1884 in Friedensdorf (Molotschna Kolonie, Ukraine), gest. 14.7.1937 in Russland verheiratet ca. 1913 mit Anna, geb. Thiessen, zwei Kinder 1910–11 Studium an der Allianzbibelschule in Berlin; 1913 – 1929 Prediger der Mennoniten-Brüdergemeinde - Lugowsk; 1923 – etwa 1926 Lehrer an der Bibelschule in Lugowsk (Siedlung Pleschanowo)
Die Familie Bergen zog 1890 aus der Ukraine nach dem Dorf Pleschanowo in der neu angelegten mennonitischen Ansiedlung Neu-Samara (Gebiet Samara). Hier arbeitete Bernhard in der Bauernwirtschaft seiner Eltern. 1910–1911 folgte das Studium an der Allianzbibelschule in Berlin. Nach seiner Rückkehr trat er in die Ehe mit Anna Thiessen und legte seine eigene Bauernwirtschaft an. 1913 wurde Bergen als Prediger der Mennoniten-Brüdergemeinde ordiniert. Während des Ersten Weltkrieges machte er drei Jahre einen Ersatzdienst als Waldwächter im Walde Koltubanka, Busuluker Kreis, Gebiet Samara, etwa 100 km von zu Hause weg. 1917 kam er frei vom Dienst, fing wieder an zu wirtschaften und diente weiter im Predigtamt. Nachdem Bruder Abram Martens, Leiter und Ältester der Mennoniten Brüdergemeinde krank wurde (er bekam einen Schlaganfall), wurde Bernhard Bergen 1928 zum Leiter der Gemeinde gewählt. Er hat besonders viel unter der Jugend gearbeitet, und ab 1923 als Lehrer in der Bibelschule in Lugowsk gedient. Nach einigen Jahren wurde die Schule von der Regierung geschlossen, die Prediger für stimm- und rechtlos erklärt and in den Jahren nach 1929 verbannt. Im Januar 1925 beteiligte Bergen sich als Delegat an der Mennonitischen Bundeskonferenz in Moskau, die so genannte „Zweite Märtyrersynode der Taufgesinnten.“ Von den insgesamt 86 Teilnehmern wurden die meisten in den Jahren 1929-41 verhaftet und verbannt oder erschossen, nur 18 gelang es nach Kanada oder der USA auszuwandern. Als viele Mennoniten in den 20ger Jahren nach Kanada auswanderten hat Bergen gesagt: „Ich kann nicht fortgehen und die Herde allein lassen.“ (zit. n. A. Töws, Märtyrer, S. 121). Doch als 1929 im Herbst so viele nach Moskau flohen, fuhr er auch um Auslandspässe für sich und seine Familie zu besorgen. Die Frau sollte mit Familie eine Woche später folgen. Als sie ankam war Bergen schon von der GPU festgenommen und ins Gefängnis überführt. Er wurde wahrscheinlich, wie so viele andere Prediger, beschuldigt Anstifter oder Führer dieser Auswanderungsbewegung zu sein, welches unter dem berüchtigten §58 des Russischen Strafgesetzes als konterrevolutionäre oder anti-sowjetische Aktivität gedeutet wurde. Die meisten Prediger wurden dann auf 3–5 Jahre verbannt. (Die meisten welche diese erste Verbannung überlebten wurden dann ab 1935 wiederum verhaftet, verbannt oder auch erschossen.) Der Frau Bergen wurde angeboten, sie sollte sich ein Papier unterschreiben, dass sie Witwe sei, dann könne sie nach Kanada auswandern. Sie tat es nicht und wurde mit ihren Kindern gewaltsam nach Samara zurückgeschickt. Erst nach vier Jahren kam ihr Mann als Krüppel mit Krücken zurück. In der Verbannung war ihm bei der Arbeit im Urwalde des hohen Nordens beim Baumfällen ein Bein gebrochen und er blieb seit der Zeit lahm. Am 25 Juni 1935 musste er wiederum in die Verbannung. Nach drei Wochen starb seine Frau und die Kinder blieben als Waisen zurück. Nach drei Jahre kam er wiederum frei und heiratete eine Witwe Lena Wiebe. Doch eine Woche nach der Hochzeit musste er wieder weg. Womit er beschuldigt war ist nicht sicher, aber unter §58 könnte seine Tätigkeit als mennonitischer Prediger als „Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären, faschistischen Organisation“ oder als „anti-sowjetische Agitation“ gedeutet werden. Er wurde 1937 verhaftet und am 14 Jul 1937 erschossen. (Ermakov, G.V., Kniga Pamjati, nr. 470)
Literatur: A.J. KLASSEN, Neu Samara am Tock; Justina THIESSEN (geb. Bergen), in A. TÖWS: Märtyrer, S. 119-23.
ERMAKOV, Grigorii Vasil’evich, hrsg.: Kniga Pamjati Zhert Polititscheskich Repressii v Orenburgskoi Oblasti (Gedenkbuch der politisch Repressierten im Orenburg Gebiet). Orenburg, 1998, S. 40. KLASSEN, Abram. J., hrsg.: Neu Samara an Tock (1890-2003). Eine mennonitische Ansiedlung in Russland östlich der Wolga. Warendorf: Verlag Neu Samara, 2003, S. 103, 109-111. LETKEMANN, Peter: A Book of Remembrance – Mennonite Victims of the Second Revolution, 1929-1941. (in Vorbereitung) TÖWS, Aron A.: Mennonitische Märtyrer der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart. Winnipeg: Selbstverlag, 1949, S. 73-78.
Submitted by Peter Letkemann